Performance und Installation, 60 Min.
Englisch mit deutscher Übersetzung
20:30-21:30
«Als sie sich mir zuwandte, hatte ich diese plötzliche Verwandlung, ich konnte meinen Körper nicht mehr halten, ich konnte das Gleiche sehen, wurde aber offensichtlich nicht mehr als das Gleiche gesehen. Die Leute starrten mich mit weit aufgerissenen Augen an, ihre Körper entfernten sich immer weiter von mir, mit einem offensichtlichen Ekelgefühl. Zuerst bemerkte ich meine Arme – sechs an der Zahl – das war überhaupt nicht überraschend. Der Typ vor mir, der eine Schürze trug, zeigte mit weit aufgerissenem Mund auf mich. Ich konnte mich im Spiegelbild seiner Augen sehen. Dann erinnerte ich mich an den Morgen. Als ich heute Morgen aus beunruhigenden Träumen erwachte, fand ich mich in meinem Bett in eine Blatta Orientalis verwandelt.»
In Orientalien erzählt Ceylan Öztrük von Adoption, Selbsttransformation und Verkörperung des Andersseins in einer Performance, die ihre eigene Biografie mit theoretischen und philosophischen Ideen verbindet. Auf der Suche nach den Wurzeln und dem Zweck der Worte «Orient» und «Orientierung» stellt sich die Frage – wie orientiert im Dasein als «orientalische*r Fremde*r» den Körper?
Die Performance mit Ceylan Öztrük und Schirin Ghazivakilli taucht ein in die Aspekte des Fremdseins, des Orientalischseins und des Andersseins – und bietet neue Orientierung und einen neuen Vorschlag zur Aneignung des Fremdseins. Der orientalische Tanz wird durch Licht- und Bühneninstallationen zu einer existentiellen Erfahrung. In einer Kulisse aus Spiegeln kreuzen sich die Blicke, während Ceylan Öztrük in gewisser Weise einen Moment für sich selbst schafft, indem sie die Entfremdung auf der Bühne verkörpert – in ihrem Namen, indem sie eine andere Andere wird, mit anderen Anderen.
Ceylan Öztrük ist eine Künstlerin, die in Zürich lebt und arbeitet. Sie schloss ihr praxisbezogenes Doktorat (2016) an der Mimar Sinan Fine Arts University (Istanbul) ab, nachdem sie 2014 in Wien an der Akademie der bildenden Künste ihr Fach über postkonzeptuelle Kunstpraktiken begonnen hatte. Sie erhielt ihren Master-Abschluss (MFA-2011) und ihren Bachelor-Abschluss (BFA-2006) an der Fakultät für Bildende Künste der Anadolu Universität. Ceylan Öztrük dekonstruiert akzeptierte Formen des Wissens und konzentriert sich darauf, wie diese aufgebaut sind, wie sie einen bestimmten Fluss verschieben und so Werkzeuge der Machtstrukturen werden. Mit einem multidisziplinären Ansatz versucht sie, den Informationsfluss im Mainstream zu unterbrechen und neue Kanäle zu schaffen, die mit den bestehenden koexistieren und diese manchmal ersetzen. Sie schafft eine «Autotheorie» und setzt Interventionen in ihrer Praxis als eine Methode ein, mit der sie versucht, bestehende Normen und Rahmenbedingungen zu verändern.
Orientalien wurde im November 2020 in der Gessnerallee Zürich uraufgeführt – am letzten Tag, an dem die Performance gezeigt werden sollte, wurde in der Schweiz ein Lockdown ausgerufen. Also spielten die Performenden am Vortag zwei Vorstellungen hintereinander. Ein Jahr später finden sie am BONE_21 wieder ein Publikum. Orientalien wird am Samstag, 27.11. 20:30-21:30 Uhr gezeigt.
Credits
Konzept, Umsetzung, Stage Design, Performance: Ceylan Öztrük
Performance: Schirin Ghazivakilli
Konzeptionelle Mitarbeit: Felizitas Stilleke
Dramaturgische Beratung: Mona De Weerdt
Choreografische Beratung, Sound Design: Manuel Scheiwiller
Kostüme und Styling: Laura Beham, Angela Thurnherr
Licht, Technik, Mitarbeit Bühnenbild: Demian Jakob
Produktion: Oliver Roth, Lisann Anders
Oeil Exterieur: Teresa Vittucci
Übersetzung: Miriam Laura Leonardi
Textbearbeitung: Merve Ünsal
Musik Arrangement: Leilaa Moon
Ko-Produktion: Gessnerallee Zürich